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Geschlecht in der Schöpfung


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von Karsten Schuldt

Die Frage nach dem Geschlecht, die sich durch die Zeilen in Gen 1, 27 stellt, kann als eine relativ irrelevante gelesen werden. Insbesondere wenn sie in den Zusammenhang der beiden Schöpfungserzählungen gestellt wird.

In diesem Fall wird ersichtlich, dass die Differenzierung der Menschen in Geschlechter als Thema mindestens hinter zwei andere Themen zurücktritt. Das Hauptthema beider Geschichten ist nicht der Mensch, sondern die Schöpfung durch Gott. Dieser Vorgang als Gesamtheit gelesen ist nicht auf den Menschen ausgerichtet, sondern kulminiert, wenn überhaupt ein Hierarchie der einzelnen Schöpfungen zu konstatieren ist, im Schabbat.

Zudem tritt im Text die Differenzierung des Menschen in zwei Geschlechter erst nach der Erschaffung des Menschen als Wesen auf. Und dies sowohl in Gen 1, 27, in der vor der Thematisierung des Geschlechtes die Ähnlichkeit des Menschen mit Gott betont wird, als auch in der zweiten Schöpfungserzählung, in der Eva als erstes geschlechtliches Wesen aus dem Menschen (Adam) geschaffen wird.

Auffällig ist die inhaltliche Leere dieser Differenz. Zwar konstituiert der Text die Existenz zweier Gruppen von Menschen, aber die Bedeutung dieser Differenz bleibt unausgesprochen. Sicher ist, dass die Bedeutung dieser Differenz geringer ist, als die Bedeutung der Schöpfung als göttlichen Akt. Die Frage ist, wie viel geringer.

Der Text von Gen 1, 27 schickt die Menschen in ein geschlechtliches Schicksal, dessen Bedeutung und Ausformulierung nicht durch diese Textstelle begründet werden kann. Ebenso ist hier kein Auftrag zur Aufrechterhaltung oder Überwindung dieser Differenz zu lesen. Allerdings wird die binär geschlechtliche Differenz, durch die explizite Benennung, im Gegensatz zu anderen Binaritäten privilegiert. Ausgehend von Gen 1, 27 scheint die Diskussion um die Bedeutung von Geschlecht vollkommen offen.

Hiermit wird nahezu jeder Interpretation ermöglicht. Dies gilt auch für eine bibelkritische Anfrage, nach dem ursprünglichen Sinn dieser Stelle zum Zeitpunkt seiner vermutlichen Formulierung im babylonischen Exil. Eine radikal egalitäre Position kann ebenso gemeint sein, wie eine solche, die bestimmte gesellschaftliche Differenzen zwischen den Geschlechtern als aus sich selbst ersichtlich annimmt und diese deswegen meint, nicht formulieren zu müssen. Ebenso könnte sich hier eine Position ausdrücken, die eine Egalität der Geschlechter nur in Gott, nicht aber auf der Erde oder auch nur in dieser spezifischen babylonischen Exilsituation anerkennen will.

Ein Einspruch gegen die egalitären Deutungen von Gen 1, 27 ist allerdings die Frage, wie den eine Differenz benannt werden können soll, ohne in ihr eine gesellschaftlich vorhandene Hierarchie zu zitieren.

Eine weitere Frage, ob die Thematisierung des Geschlechtes in dieser Bibelstelle eine positivistische Bedeutung hat, welche mit diesem Beispiel die Existenz von Differenzen zwischen Menschen benennen will, oder aber eine paternalistische, welche Gott als Schöpfer/in aller Menschen ansieht und deshalb in einem Beispiel die möglichst größte unterschiedliche Position, die Menschen innerhalb der Gesellschaft besetzen können, aufzählt, lässt sich mit dieser Stelle nicht entscheiden.